Die Norm ISO 60601-1: 2006, die europäische Version der IEC 60601-1, wurde am 27. November 2008 in das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft als harmonisierte Norm unter der Richtlinie über Medizinprodukte 93/42/EWG aufgenommen. Das bedeutet, dass die Compliance mit ISO 60601-1: 2006 ab sofort eine Vermutung der Konformität mit der MDD darstellt.
Der Eintrag in das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft enthält keine Frist für das Ende der Vermutung der Konformität bei Erfüllung der ersetzten Norm. Das bedeutet, dass gegenwärtig keine Angabe dazu vorliegt, wann der harmonisierte Status der Version der Norm von 1990 zurückgenommen wird. Eine Schätzung diesbezüglich liegt bei zwei oder drei Jahren, es sei denn, es liegt ein anwendbarer Partikularnorm (Teil 2 der Norm) für ein Gerät vor; in diesem Fall ist die Version der Norm EN 60601-1 von 1990 weiterhin gültig, bis der betreffende Partikularnorm aktualisiert wird.
Hier können Sie die relevante Ausgabe des Amtsblattes herunterladen.
Ebenfalls als harmonisiert gelistet sind eine Reihe aktualisierter Ergänzungs- und Partikularnormen für die Angleichung an die Norm EN 60601-1: 2006 sowie einige andere damit verbundene Normen. Zu diesen Normen gehören:
- EN 60601-1-2: 2007 (EMV)
- EN 60601-1-6: 2007 (Gebrauchstauglichkeit)
- EN 60601-1-8: 2007 (Alarmsysteme)
- EN 62304: 2006 (Medizingeräte-Software - Software-Lebenszyklus-Prozesse)
- EN 62366: 2008 (Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte)
- Die Norm EN 62304 sollte zusammen mit Abschnitt 14 der Norm EN 60601-1: 2006, Programmierbare elektrische medizinische Systeme (PEMS), angewandt werden, um die Software-Lebenszyklus-Anforderungen der Überarbeitung der MDD (2007/47/EG) zu erfüllen.
- Die Norm EN 62366 sollte zusammen mit der Norm EN 60601-1-6 für Medizinische elektrische Geräte angewandt werden, um eine Verwendung falscher Anforderungen (z. B. ER 1) der Überarbeitung der MDD auszuschließen.
Zentrale Änderungen der Norm EN 60601-1: 2006 gegenüber der Version von 1990 umfassen
- Die Norm ergänzt das Konzept der Sicherheit um das der wesentlichen Leistungsmerkmale. Die wesentlichen Leistungsmerkmale sind jene Leistungsmerkmale, die erforderlich sind, um die Freiheit von unvertretbarem Risiko zu erreichen (d. h. dass das Fehlen oder die Verschlechterung dieser Leistungsmerkmale zu einem unvertretbarem Risiko führen würde).
- Der Anwendungsbereich der Norm wurde erweitert. Die Anforderungen decken jetzt die Sicherheit und die wesentlichen Leistungsmerkmale sowohl von medizinischen elektrischen Geräten als auch von medizinischen elektrischen Systemen ab. Medizinische elektrische Systeme wurden zuvor von der Norm EN 60601-1-1 abgedeckt, aber diese Anforderungen waren nicht in den Teil 1 der Norm integriert.
- Die Anforderungen für programmierbare elektrische medizinische Systeme (die zuvor unter die Norm EN 60601-1-4 gefallen waren) wurden nun in den Abschnitt 14 aufgenommen.
- Die Definition von medizinischen elektrischen Geräten wurde durch Entfernen der Einschränkung von Geräten abgeändert, die nur „unter ärztlicher Aufsicht“ verwendet werden dürfen. Sie umfasst jetzt außerdem Geräte, die zur Kompensation oder Linderung einer Krankheit, Verletzung oder Behinderung verwendet werden.
- Die umfassendsten Änderungen dieser Norm betreffen das Risikomanagement und verursachen Testinstituten die größten Probleme. Der Unterabschnitt 4.2 fordert jetzt die Durchführung eines Risikomanagementverfahrens gemäß ISO 14971. Die Norm verweist oft darauf, dass die Compliance durch Inspektion der Risikomanagementakte überprüft werden soll. Aus diesem Grund müssen Hersteller diese Akte dem ausgewählten Prüfinstitut für die Prüfung eines Produktes vorlegen.
- Der Hersteller muss ermitteln, welche Funktionen des Gerätes seine wesentlichen Leistungsmerkmale sind (Unterabschnitt 4.3).
- Die erwartete Lebensdauer (maximale Nutzungsdauer) des Gerätes muss in der Risikomanagementakte angegeben sein (Unterabschnitt 4.4).
- Die Anforderungen an die elektrische Sicherheit sind im Abschnitt 8 zusammengefasst, welche erstmals zwischen dem Schutz des Bedienpersonals (Means of Operator Protection, MOOP) und dem des Patienten (Means of Patient Protection, MOPP) unterscheidet. MOOP sind Schutzmaßnahmen, die das Risiko eines elektrischen Schlags für den Anwender verringern sollen, und die Werte der Norm basieren auf der Norm EN 60950 zu Einrichtungen der Informationstechnik. MOPP hingegen sind Schutzmaßnahmen, die das Risiko eines elektrischen Schlags für den Patienten verringern sollen, und die Werte basieren auf der vorhergehenden Version der EN 60601-1. Ein MOOP/MOPP entspricht der Basisisolierung und zwei MOOP/MOPP entsprechen der doppelten oder verstärkten Isolierung.
- Die mechanischen Anforderungen haben stark zugenommen und sind in den Abschnitten 9 und 15 zu finden.
- Die Themen übermäßige Temperaturen und Brandschutz werden von Abschnitt 11 abgedeckt und umfassen die Berücksichtigung der erwarteten Kontaktzeit mit einem Teil.
Die oben genannten sind nur einige der wichtigsten Änderungen der Norm. Hersteller sollte sich jetzt mit diesen neuen Anforderungen vertraut machen und entscheiden, wann und wie sie diese auf ihre Produkte anwenden möchten.
Hinweis: BSI wird die Norm EN 60601-1: 1990 mit ihren Änderungen wahrscheinlich weiterhin akzeptieren, während sie harmonisiert wird. Sie müssen jedoch auch die neusten Anforderungen der MDD, aktualisierte Partikularnormen und den Risikomanagementprozess des Hersteller berücksichtigen. Um die Norm ISO 60601-1:2006 zu erwerben, besuchen Sie bitte unseren Normen-Shop.
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